1824 - 2024

200 Jahre Museum St. Peter an der Sperr

 

Wir feiern unseren 200. Geburtstag! 

1824 beauftragte Bürgermeister Felix Mießl die städtischen Beamten F.C. Böheim und J.F. Fronner mit der Gründung eines „Kabinetts der Antiquitäten und Merckwürdigkeiten“ im Rathaus. Ein erstes Inventarbuch entstand. Zu den wertvollen Objekten wie dem Corvinusbecher (15. Jh.) und dem Evangeliar des Deutschen Ordens (1325) gehört neben den Gemälden auch die bedeutende Urkundensammlung, die seit 1350 die einzigartige Geschichte der Stadt dokumentieren. Als die Sammlung wuchs, musste ein Teil ins Stift Neukloster ausgelagert werden.
Als nach dem Auszug des Truppenspitals das Gebäude der ehemaligen Jesuitenresidenz frei wurde, zog das Museum in die Wienerstraße ein. Ab 1893 trennte man die Bestände in ein „Stadtarchiv“ und in ein „Städtisches Museum“. 1994 übersiedelte das „Stadtmuseum“ in das ehemalige Kloster St. Peter an der Sperr. Für die NÖ Landesausstellung 2019 zog die große städtische Sammlung aus und nach deren Ende wieder ein. Im renovierten, umgebauten Haus bietet das „Museum St. Peter an der Sperr“ nun einen lebendigen Rundgang durch die mehr als 800-jährige Stadtgeschichte. Konzerte, interaktive Familienausstellungen, kulturhistorische Sonderschauen und Präsentationen von nationaler und internationaler Kunst legen den Fokus auf die Kulturvermittlung.
Die Besucherinnen und Besucher können hier Entwicklungslinien nachvollziehen und werden zu neuen Fragestellungen über die Geschichte und die Identität der Stadt und ihrer Menschen angeregt. Das inklusive Museum für alle ist ein Forum für Begegnungen und den gesellschaftlichen Fragen gegenüber kritisch offen.

 

Beim Festakt zu 200 Jahre Museum St. Peter an der Sperr am 24.Februar 2024 durften die Festgäste einer Keynote von Mag. Ulrike Vitovec lauschen, die wir gerne mit Ihnen teilen möchten.

„Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Festgäste!
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums!
Liebe Museums-Begeisterte!

Heute feiern wir ein ganz besonderes Jubiläum - das 200-jährige Bestehen des ältesten städtischen Museums in Niederösterreich. Dem nicht genug, ist es auch eines der ältesten Stadtmuseen Europas. Lassen Sie mich kurz eintauchen in die Zeit vor 200 Jahren, in die Beweggründe, ein Museum einzurichten. Und lassen Sie mich die Frage stellen, was das mit uns heute zu tun hat.

Es war das Jahr 1824, als der damalige Bürgermeister Felix Mießl das "Antiquitäten Cabinet" im Rathaus ordnen und inventarisieren ließ. Was bedeutet, dass der Grundstein für die beeindruckende Sammlung dieses Hauses bereits noch früher gelegt wurde. Es war schon einiges da aus der traditionsreichen Geschichte der Stadt. Dinge, die sich neben den Archivalien angesammelt hatten und die nun verzeichnet und in einem eigens eingerichteten Raum präsentiert wurden.

Bereits zwei Jahre später gibt es die erste Beschreibung in einem Reiseführer mit einer Auflistung der (wortwörtlich) „kleinen Merkwürdigkeiten“, die da im Rathaus zu sehen waren (Zit. Johann Gabriel Seidl, Wiens Umgebungen, 1826, S. 284f): darunter ein großer silberner Pokal (Sie ahnen, welcher Pokal damit gemeint ist), ein Panzerhemd, eine Mütze, ein Reitsattel und ein Bildnis von Mathias Corvinus, zwei Schwerter mit eigener bedeutender Geschichte, Waffen aus der Zeit der Osmanenkriege, Gerätschaften der Kaiser von ihren Aufenthalten in Wiener Neustadt, Fahnen und Prägestempel, die Erwähnung finden.

Und weitere zwei Jahre später, folgt bereits das große Lob der Fachwelt. So ist im Taschenbuch für die vaterländische Geschichte vom „würdigen Magistrat“ zu lesen und „dessen Thätigkeit und Liebe für die Erhaltung der vaterländischen Alterthümer“ (Zit. Hormayr/Mednyansky, Taschenbuch für die vaterländische Geschichte, Bd. 9, 1828, S.91f). Erzählt wird von der neu errichten Antiquitätenkammer im Rathaus, die nun nicht mehr dunkel und muffig anmutet, sondern als helles geräumiges Gewölbe, „in dessen Innerem die Gegenstände, sorgfältig gereinigt, zur Bequemen Beschauung sinnig aufgestellt sind“ und – so steht es wortwörtlich – „ungemein freudig überraschen“. Es folgt eine Beschreibung dessen, was zu sehen ist und endet mit einem großen Lob der Autoren für die Stadtverwaltung: (Zit.) „Schließlich sei dem wackern Vorstande der guten Neustadt, und seinem edlen Magistrate im Nahmen aller Alterthumsfreunde der wärmste Dank wiederholt gebracht.“ (…) „Gerade solche Stadtmusäen welche die historischen Reliquien gerade an jenem Platze bewahren, wo sie das wärmste Interesse finden, und dem sie gehören, wirken am kräftigsten zur Erweckung des Sinnes für Geschichte. Möchte doch jeder Magistrat das in seinen Amtsgebäuden zerstreute Alterthum ebenso sorglich sammeln und bewahren, vor allem verzeichnen, damit es vor Verschleppung wenigstens geschützt sey, und möchte auch (…) überall ein so kenntnisreicher, liebevoller Sinn die Einrichtung leiten, wie in der allzeit getreuen Neustadt.“

Um die Bedeutung des Museums in der Geschichte einordnen zu können: erst 50 bis 60 Jahre später erfolgten – mit Ausnahme von Retz und Baden – weitere Gründungen von städtischen Museen. Davor gab es Sammlungen nur in Klöstern und Adelshäusern. Diese klösterlichen und adeligen Sammlungen boten Orientierung, waren auch Vorbild und es gab regen Austausch mit ihnen. In Wiener Neustadt etwa war im frühen 19. Jahrhundert das Naturalienkabinett im Stift Neukloster bereits bekannt – und natürlich die Sammlungen der Habsburger in Wien.

Das Land Niederösterreich hat vor einigen Jahren von der Universität für Weiterbildung in Krems unter dem Titel MuseumsMenschen die Geschichte dieser frühen Stadtmuseen erforschen lassen, weil das eine ganz besondere Geschichte unseres Bundeslandes ist. In keiner anderen Region Europas entstand bereits so früh eine von Bürgerinnen und Bürgern ausgehende städtische Museumslandschaft wie in Niederösterreich. Zehn dieser frühen Museumsgründungen des 19. Jahrhunderts existieren noch heute und eben eine der bedeutendsten davon ist jene in Wiener Neustadt.

Zu verdanken ist es dem Engagement einzelner Personen innerhalb und außerhalb der städtischen Verwaltungen, dass diese Sammlungen angelegt wurden. Es sind die „MuseumsMenschen“, die Bürgerinnen und Bürger, die zur breiten Verankerung der Museumsidee in der Bevölkerung beigetragen haben, die regen Austausch untereinander und mit den wissenschaftlichen Gesellschaften ihrer Zeit gepflegt haben. Die Gründungsgeneration dieser Museen hatte eine klare Motivation – das Bewusstsein für die eigene Geschichte, die Identifikation mit dem Ort, in dem man lebt, und den Stolz auf die Stadt und ihre Geschichte. – Und eigentlich haben diese Werte doch auch heute noch ihre Gültigkeit – und das vielleicht mehr denn je.

Der Einfluss, den die Museen des 19. Jahrhunderts auf das Bewusstsein der Bevölkerung und die Ausbildung einer städtischen und auch einer nationalen Identität hatten, ist längst erwiesen. Es ging darum, sich der Vergangenheit bewusst zu sein – und es ging um Bildung und um wissenschaftliche Forschung. – Auch die Schulen legten ab dem späten 19. Jahrhundert ihre Lehrsammlungen an und pflegten regen Austausch mit den Fachleuten der Museen.

Alle diese Themen kommen Ihnen bekannt vor? Es sind alles Themen, die wir auch mit unseren Museen heute verbinden. Wir können einiges mitnehmen aus dieser Motivation und aus den Ideen der Gründungsgeneration. Damals wie heute haben sich die für Museen tätigen Menschen dem Sammeln, Bewahren, Erforschen, Ausstellen und Vermitteln unseres Kulturerbes verschrieben. Und auch wenn jede Generation mit ihren eigenen Augen auf die Vergangenheit schaut und jede Generation wieder andere Fragen stellt: was bleibt, sind die Sammlungen, die durch die Jahrzehnte – und eigentlich die Jahrhunderte – immer wieder ergänzt und angereichert werden. Das ist etwas, was uns immer bewusst sein sollte und es liegt auch in unserer Verantwortung: Einen Teil unserer Geschichte geben auch wir wieder den nachfolgenden Generationen weiter. – Mit Dingen, die wir in die Sammlungen aufnehmen – und mit Erzählungen und Erkenntnissen, mit denen wir unsere Welt erklären. Auch wenn folgende Generationen daraus ihre eigenen und vielleicht auch anderen Schlüsse ziehen.

Das Museum St. Peter an der Sperr ist heute ein Ort der Begegnung, – und ein Ort, der einlädt, sich mit der Stadt, mit ihrer Geschichte und ihrer Identität auseinanderzusetzen – und mit den Schätzen, die nicht weit von hier vor 200 Jahren erstmals im Auftrag der Stadt katalogisiert und ausgestellt wurden.

Seitens des Museumsmanagement Niederösterreich danke ich allen für die Unterstützung des Museums und für die Arbeit in den Sammlungen, in den Ausstellungen, in der Vermittlung und nicht zuletzt in der Verwaltung eines so geschichtsträchtigen Hauses. Möge es auch in den kommenden Jahren ein Ort der Inspiration und des Austausches für alle sein.

Herzlichen Glückwunsch zum 200. Geburtstag! Auf die nächsten 200 Jahre!"

Ulrike Vitovec, Museumsmanagement Niederösterreich, 24. Februar 2024

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Museum St. Peter/Sperr

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